Buchveröffentlichung

Über unseren Verein

Das vorliegende Buch gibt einen ebenso informativen wie spannenden Überblick darüber, welche Rolle der Verein in den verschiedenen politischen Konstellationen der jüngeren Geschichte bis heute eingenommen hat.

Dr. Marcel Huber
Vorsitzender

Buchvorstellung

Über die Autorin Dr. Nikola Becker

Dr. Nikola Becker promovierte nach einem Geschichts- und Germanistikstudium 2010 an der Ludwig-MaximiliansUniversität München im Fach Bayerische Landesgeschichte mit der Studie „Bürgerliche Lebenswelt und Politik in München. Autobiografien über das Fin de Siècle, den Ersten Weltkrieg und die Weimarer Republik“ (2014 publiziert).
Sie war jahrelang im Bibliotheks- und Archivbereich, u. a. bei der Bayerischen Staatsbibliothek München, der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg und den Monumenta Germaniae Historica, sowie auf dem Gebiet der Ausstellungsorganisation tätig.

Seit 2017 bearbeitet sie an der Kommission für bayerische Landesgeschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften die Edition der Bayerischen Ministerratsprotokolle 1919–1945, Kabinett Eugen von Knilling 1922–1924.

Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf der bayerischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, sie hat u. a. Publikationen zu Themen der Autobiografieforschung sowie der Bürgertums-, Wissenschafts- und Frauengeschichte vorgelegt.

Von Dr. Erich Prinz von Lobkowicz (Herausgeber), Nikola Dr. Becker (Herausgeber), Riprand Graf von und zu Arco-Zinneberg (Herausgeber), Verlag & Agentur GmbH (Consultant Editor), Josef Straßer (Cover Art)

Bayerisch – Katholisch – Patriotisch:
150 Jahre Bauern- und Männerverein Tuntenhausen

Dieser Jubiläumsband behandelt mit der Geschichte des Bayerisch-Patriotischen Bauernvereins bzw. des Katholischen Männervereins Tuntenhausen ein zentrales Kapitel der politischen Kulturgeschichte des katholischen Bayerns im 19. und 20. Jahrhundert. Der in der Kulturkampfzeit 1869 gegründete Verein knüpfte an die seit dem Spätmittelalter belegte Wallfahrtstradition Tuntenhausens an und vertrat als Stimme der Landbevölkerung deren Anliegen in der Öffentlichkeit. Dabei entwickelte er sich zu einem Kontrapunkt des liberalen Zeitgeistes. Die Vereinigung wurde zum Sprachrohr des politischen Katholizismus und erreichte vor allem während des 19. Jahrhunderts eine prägende Wirkung in allen sozialen Bereichen. Als Katholischer Männerverein nach dem Zweiten Weltkrieg neu ins Leben gerufen, verkörpert diese zivilgesellschaftliche Kraft bis heute das Welt- und Menschenbild der christlichen Demokratie in Bayern.

Das Buch ist erhältlich:
Kath. Pfarramt Mariä Himmelfahrt, Kirchplatz 2, 83104 Tuntenhausen, Tel., 08067/282
Gemeinde Tuntenhausen, Graf-Arco-Straße 18, 83104 Tuntenhausen, Tel. 08067/90700
Schlossbrauerei Maxlrain, Aiblinger Straße 1, 83104 Tuntenhausen, Tel. 08061/90790
oder über den Buchhandel mit der ISBN-13 : 978-3967510027

Blick ins Buch

Vorwort des Vorsitzenden

Geschätzte Leserinnen und Leser,

der Katholische Männerverein Tuntenhausen erfreut sich seit seiner Gründung vor 150 Jahren großer Aufmerksamkeit. Wie bekannt er ist, habe ich jüngst erst wieder erfahren, als im Herbst 2019 der Bundesfinanzminister ankündigte, reinen Männervereinen die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Ich war verblüfft, als ich als Vorsitzender des Tuntenhausener Männervereins – ein Verein, der nebenbei gesagt von der Steueränderung gar nicht betroffenen gewesen wäre – plötzlich einer der gefragtesten Interviewpartner der bundesweiten Medienlandschaft zu diesem Thema wurde. Diese Anekdote zeigte eines deutlich: Der Katholische Männerverein Tuntenhausen ist wahrscheinlich der bekannteste Männerverein Deutschlands!

Aber womit beschäftigt sich der Verein eigentlich? Wie ist er entstanden und warum hat er sich so entwickelt? Wie ist er zu so einer Bekanntheit gelangt? Darauf haben die wenigsten eine fundierte Antwort. Bedenkt man zudem, welche teilweise dramatischen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen unser schönes Bayernland in den letzten 150 Jahren durchlaufen hat, ist es noch spannender zu betrachten, welchen Weg ein 1869 in Tuntenhausen gegründeter Bayerisch-Patriotischer Bauernverein bis zum heutigen Katholischen Männerverein Tuntenhausen gegangen ist.

Das vorliegende Buch gibt einen ebenso informativen wie spannenden Überblick darüber, welche Rolle der Verein in den verschiedenen politischen Konstellationen der jüngeren Geschichte bis heute eingenommen hat.
Erst nach der Lektüre des Buches versteht man, warum 1872 die weiß-blaue Dekoration bei der Kundgebung zu politischer Unruhe führte. Der Leser kann nachvollziehen, warum z. B. in der Geschichte manchmal 50 und manchmal 5000 Besucher bei den Kundgebungen waren und welche Rolle ein Adeliger wie Ludwig Graf von Arco-Zinneberg in einem Verein einfacher Bauern und Handwerker spielte.
Egal in welcher Situation sich der Verein gerade befand, der rote Faden in der Vereinsgeschichte ist und bleibt die christliche, konservative Grundausrichtung der ländlichen Bevölkerung Altbayerns und die enge Verbindung zur päpstlichen Basilica minor von Tuntenhausen mit seiner „Virgo Potens“.

Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre des Buches gute Unterhaltung, bei den erhellenden Einblicken in eine typisch bayerische Geschichte eines Vereines, der bundesweit zwar große Bekanntheit genießt, dessen historische Hintergründe aber den meisten bisher verborgen sind.

Dr. Marcel Huber

Auszug aus: Nikola Becker,
BAYERISCH KATHOLISCH PATRIOTISCH,
150 JAHRE BAUERN- UND MÄNNERVEREIN TUNTENHAUSEN, München 2020,
ISBN 978-3-96751-002-7,
Seite 6 – 7

Auszug aus dem Buch

Einleitung

„Der am 19. September 1869 im Oberbayerischen Wallfahrtsort Tuntenhausen ins Leben gerufene Bayerisch-Patriotische Bauernverein, der nach seiner erzwungenen Auflösung durch das nationalsozialistische Regime am 15. November 1945 als Katholischer Männerverein neu gegründet wurde, steht als Einrichtung einzigartig da.“

In der Hochphase des weltanschaulichen Kampfes zwischen katholischer Kirche und liberalem Staat in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden, war sein unmittelbarer Gründungszweck die Mobilisierung der ländlich-bäuerlichen Bevölkerung für die Ziele des politischen Katholizismus in der sogenannten „Patriotischen Bewegung“. Als solcher war er auch ein demokratisches Angebot an bislang marginalisierte Bevölkerungsschichten, sich das Recht politischer Partizipation zu erkämpfen. In den im Verkauf des 19. Jahrhunderts ausgebildeten parlamentarischen Instrumenten dominierten nämlich liberale Vertreter des Besitz- und Bildungsbürgertums.
In seiner politischen Eigenschaft als Handlungsträger der Kulturkampfzeit ist der Tuntenhausener Verein als einer von vielen zu sehen. Gegen Ende der Sechzigerjahre des 19. Jahrhunderts entstanden in ganz Bayern patriotische Bauernvereine, um Wähler für die Wahlen zum bayerischen Landtag zu mobilisieren. Die meisten dieser Vereine verfügten aber nur über eine kurze Lebenszeit und verschwanden schnell wieder von der Bildfläche.

Die Tuntenhausener Organisation konnte sich bis 1933 behaupten und nach 1945 gewissermaßen neu erfinden.

Der Hauptgrund dafür liegt darin, dass der Verein zu Ende des 19. Jahrhunderts zum öffentlichkeitswirksamen Sprachrohr der mit dem politischen Katholizismus verbundenen Parteien, erst des Zentrums, dann ab 1918 der Bayerischen Volkspartei, wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als das Milieu des politischen Katholizismus in Bayern in der CSU anfing, führte der reorganisierte nunmehrige Tuntenhausener Männerverein diese Funktion fort. Er bietet seitdem bis heute Vertretern der CSU eine Bühne zur Präsentation ihrer Politik und Grundsätze.

War der Verein seit seinen Anfängen eine in erster Linie politische Einrichtung, so verfügte er in Kaiserreich und Weimarer Republik gleichzeitig über einen weiteren Zweck: für seine bäuerlichen Mitglieder die schichtspezifischen agrarischen Interessen zu vertreten und diese in ihrer wirtschaftlichen Existenz zu unterstützen. Dieser Aspekt ist in den vorliegenden Veröffentlichungen zur Geschichte des Bauernvereins weniger beachtet worden. Für das durchschnittliche Mitglied dürften neben den Anregungen zur politischen Meinungsbildung jedoch die zahlreichen praktischen Hilfeleistungen eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt haben.

1945 brach diese Traditionslinie des Vereins ab, eine neue, nämlich die der katholischen „Männerarbeit“, trat hinzu. Der Tuntenhausener Verein richtet sich seitdem nicht mehr ausdrücklich an eine agrarisch-ländliche Klientel, sondern an alle Männer katholischer Konfession. Zwar stammten auch die katholischen Männervereine ursprünglich aus der Kulturkampfzeit und die Bauernvereine hatten eine Teilmenge davon gebildet. Die katholische Männerbewegung entwickelte sich im Laufe der Zeit aber zu einer sozial übergreifenden Sammlung von Laien, die ihren Glauben aktiv und nach außen leben wollten, zur gegenseitigen Unterstützung ebenso wie zur Stärkung des Einflusses der Kirche im gesamtgesellschaftlichen Bereich. Insofern ist der Tuntenhausener Männerverein seit 1945 auch Ausdruck eines engagierten Laienapostolats.

Die geschichtliche Bedeutung der Tuntenhausener Organisation liegt darin, dass sie beispielhaft für die politische Willensbildung und Partizipationswünsche einer wichtigen sozialen Gruppierung der bayerischen Bevölkerung seit dem 19. Jahrhundert, nämlich des ländlichen katholischen Milieus, steht. Die in den Versammlungen zutage tretenden Äußerungen bilden 150 Jahre Diskurse und Debatten ab, die Bestandteil der politischen Geschichte Bayerns sind.

Sie spiegeln nicht nur die allgemeinen großen politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wider, sondern zeigen insbesondere auch mentale Wandlungsprozesse.

Es existiert sonst wohl keine nicht parteiliche Einrichtung, die über so einen langen Zeitraum kontinuierlich engstens personell und ideell mit der bayerischen Politik verzahnt war und ist.
Die Studie beruht auf der Auswertung der Zeitungsberichterstattung über die Vereinstätigkeit aus einem Zeitraum von 150 Jahren. Sie stellt die Selbst- und Fremdwahrnehmung des Vereins in der zeitgenössischen Publizistik vor und liefert damit einen Beitrag zur Erforschung der Ideenwelt des katholisch-ländlichen Bevölkerungsteils in Bayern und seiner politischen Repräsentanten sowie deren Spiegelung innerhalb der medialen Öffentlichkeit. Der ideelle Kosmos des politischen Katholizismus bzw. später der christlichen Demokratie, wie er aus Sicht von Bauern und Männerverein nach außen vertreten wurde und wird, soll in seinen wesentlichen, über einen langen Zeitraum sich wandelnden, aber auch gleichbleibenden Komponenten, Schwerpunkten und Zielen abgebildet werden. «

Auszug aus: Nikola Becker,
BAYERISCH KATHOLISCH PATRIOTISCH,
150 JAHRE BAUERN- UND MÄNNERVEREIN TUNTENHAUSEN, München 2020,
ISBN 978-3-96751-002-7,
Seite 12 – 14

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