Kardinal Reinhard Marx hat vor einer weltweit zunehmenden Instrumentalisierung von Religion für politische und persönliche Zwecke gewarnt. Auch wenn eine Studie der Vereinten Nationen belege, dass 85 Prozent der Menschheit religiös seien, „Tendenz steigend, beruhigt mich das überhaupt nicht, denn Religion ist nicht gleich Religion“, betonte der Erzbischof von München und Freising beim Festgottesdienst zur Wiedereröffnung der Pfarrkirche und Wallfahrtsbasilika Mariä Himmelfahrt in Tuntenhausen, Landkreis Rosenheim, am Sonntag, 24. November. Religion werde in unterschiedlicher Weise benutzt und vermehrt auch missbraucht. Wichtig sei es hinzusehen, wie mit Religion umgegangen werde: „Rufen wir damit Hass hervor oder Aufbruch, werden die Menschen dadurch in die Freiheit der Kindschaft Gottes erhoben oder in eine Existenz der Angst niedergedrückt?“
Religion dürfe sich auch nicht darin erschöpfen, nur das Gewohnte fortzusetzen. „Religion ist Revolution, deshalb kann man sich Gott nicht nach eigenen Vorstellungen zurechtlegen“, unterstrich Kardinal Marx in seiner Predigt. Vielmehr müssten die Menschen den Glauben als Entwicklung und als Weg der Vertiefung verstehen, „immer neu lernen, immer neu in die Spur kommen, dann wird der Glaube zu einer neuen Form, das Leben anzunehmen und zu gestalten“. Es gelte, offen zu bleiben für „Gott als großes Geheimnis“, wie es auch Maria getan habe, sagte der Erzbischof mit Blick auf das Gnadenbild der Muttergottes, das in Tuntenhausen verehrt wird. Wallfahrtsorte wie dieser erinnerten die Gläubigen an ihre Pilgerschaft, ergänzte Marx, „den Glauben hat man nicht wie einen Gegenstand oder ein Haus, auch an ihm müssen wir arbeiten und ihn renovieren, wie diese Kirche hier“. Die Menschen kämen mit ihren „Hoffnungen, Ängsten, Zweifeln, auch Glaubenszweifeln“ in die Wallfahrtsbasilika: „Mögen sie hier Trost finden, ihren Glauben stärken und sich auf den Weg machen, um den Namen Christi mit Freude zu tragen.“
Die Basilica Minor in Tuntenhausen ist eine der wichtigsten Mariengnadenstätten im Erzbistum München und Freising und bis in die Gegenwart ein beliebter Wallfahrtsort. Das ursprünglich spätgotische, zwischen 1628 und 1629 zu einer dreischiffigen Hallenkirche mit Umgangschor umgebaute und 1630 erneut geweihte Gotteshaus wurde von 2016 an grundlegend statisch instandgesetzt. Der Innenraum und die historische, in seltener Geschlossenheit erhaltene Ausstattung der Wallfahrtsbasilika wurden umfassend restauriert. Die Kirche bekam unter anderem einen neuen Ambo und eine neue Orgel. Zudem wurde mit der Restaurierung des Mirakelbild-Zyklus an der Außenseite des Gebäudes begonnen. Die Gesamtkosten der Baumaßnahme belaufen sich auf rund 7,9 Millionen Euro, die neue Orgel hat zusätzlich 360.000 Euro gekostet. (kbr)
Bericht: Erzbischöfliches Ordinariat
Fotos: Sebastian Friesinger